Roberto Mozzini im Gewächshaus.
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Sonne, Mond und Technologie

Dattel-, Yoom®-, Fleisch-, Cherry- und Rispentomaten in einem futuristischen Gewächshaus. Kartoffeln, Salat, Kohl, Auberginen, Gurken und vieles mehr auf dem Feld und in Tunneln. Im Betrieb von Roberto Mozzini in Giubiasco arbeitet man mit dem Boden und ohne ihn, mithilfe der Sonne und anhand der Mondzyklen, unter Einsatz innovativer Technologien, nützlicher Insekten und traditioneller Methoden.

Im Gewächshaus von Roberto Mozzini sieht es aus wie in einer Raumstation. Die mit Schnüren an der Glasdecke aufgehängten Tomaten wachsen hier gegen die Schwerkraft. Einige von ihnen sind zudem nicht rot, sondern schwarz-violett – die gleiche Farbe wie die Weiten des Universums oder das Licht, das die Solarzellen an den Aussenwänden spiegeln. In diesem Gewächshaus werden Tomaten «hors-sol» angebaut, also ausserhalb der Erde. Die Wurzeln der Pflanzen ruhen in Steinwolle und werden über kleine Röhren automatisch mit der richtigen Menge Wasser und Nährstoffen versorgt – je nachdem, in welchem Stadium ihres Wachstums sie sich gerade befinden. Etwas grössere Röhren heizen das Gewächshaus mit aus Fernwärme gewonnenem Warmwasser. Der Rest – abgesehen von der Pflege der Pflanzen durch die Mitarbeitenden – wird durch Insekten erledigt.

Viele Solarzellen an einem Gebäude.

In Einklang mit den Organismen

«Die Sonne ist unsere Hauptenergiequelle», erklärt Roberto Mozzini und ergänzt: «Das Glasgewächshaus absorbiert viel Energie.» Die Tomatenpflanzen werden anhand von Parametern, die Roberto basierend auf Sonneneinstrahlung, Temperatur und Feuchtigkeit einstellt, mit Wasser und Nährstoffen versorgt. Kein Tropfen wird dem Zufall überlassen. Während die Menschen die Pflanzen zuschneiden, positionieren und anbinden, kümmern sich Hummeln um die Bestäubung der Blüten, und andere nützliche Insekten bekämpfen die Weisse Fliege und Blattläuse. Entlang der Säulen verlaufen Schienen, die einen doppelten Zweck erfüllen: Sie dienen als Wasserleitungen und transportieren die Karren der Mitarbeitenden auf die richtige Arbeitshöhe. Hier und da sieht man auf dem Boden leuchtend grüne Schachteln. Das sind die Stöcke der Hummeln, die die Tomaten bestäuben. Für die biologische Schädlingsbekämpfung sind kleine Wanzen mit dem Namen Macrolophus pygmaeus verantwortlich, die sich von den Eiern schädlicher Insekten ernähren. Kleine rote Klebebänder senden zudem Sexuallockstoffe aus, die die Tomatenminiermotte verwirren und von der Fortpflanzung abhalten. «Für jedes Problem eine Lösung», kommentiert Mozzini. «Wir müssen lernen, mit der Natur zusammenzuarbeiten und das richtige Gleichgewicht zu finden, damit die Pflanzen die ganze Saison gesund und produktiv bleiben.»

Der Tomatenanbau

Die Tomate ist eines der am meisten angebauten Gemüse im Kanton Tessin. Auch im Betrieb von Roberto Mozzini spielt sie die Hauptrolle. «Jede Woche wächst die Pflanze und produziert neue Blüten», erklärt der Obstbauer den Tomatenanbau. «An einer einzelnen Tomatenpflanze lassen sich alle Stadien der Fruchtbildung beobachten.» Er zeigt auf den Spitz einer Pflanze. «Siehst du das? Ganz oben sieht man den Embryo, 20 Zentimeter den Stamm hinunter bilden sich die Blüten. Weitere 20 Zentimeter weiter unten sind die geöffneten Blüten, danach die fruchttragenden Blüten und darunter die reifenden Früchte.» Dattel-, schwarze Yoom®-, Cherry-, Rispen- und Fleischtomaten: In den Glasgewächshäusern von Roberto Mozzini findet sich eine Sorte für jeden Geschmack. Vertrieben werden die Tomaten über die Produktionsgenossenschaft TIOR, deren Produktionsplanung im Wesentlichen so funktioniert: «Wir setzen uns mit allen Produzentinnen und Produzenten an einen Tisch und entscheiden, wer was anbaut.» So können die Marktbedürfnisse gemeinsam befriedigt und Doppelspurigkeiten vermieden werden. Die Energieversorgung auf dem Betrieb von Roberto Mozzini ist äusserst lokal: In Ergänzung zu den Solarpanels nutzt der Betrieb Fernwärme aus der nahegelegenen Kehrichtverbrennungsanlage.

Viele Tomaten im Gewächshaus.
Gemüseanbau im Tunnel.

Mehr als Hors-sol und Tomaten

Neben den futuristischen Gewächshäusern verfügt der Betrieb auch über Felder, auf denen je nach Saison Kartoffeln, Kohl, Chicorée oder Eisbergsalat angebaut werden. Hier stehen auch Tunnel, die mit mattgrauem Plastik überzogen sind und in denen im Winter Salat, Mangold und Lollo Rosso, im Sommer Auberginen, Gurken, Peperoni und Kräuter angebaut werden. Zucchetti, Erdbeeren und Trauben ergänzen die Produktion. Auch im Innern der Tunnel fühlt man sich ein bisschen wie im Weltraum. Das Sonnenlicht leuchtet durch das Plastikdach wie Mondschein. Der Bauernbetrieb von Roberto Mozzini ist Teil des Produktionsnetzwerks des Parks Piano di Magadino und spiegelt perfekt dessen Charakter als «aus natürlichen, ländlichen und menschgemachten Elementen bestehende Landschaft, die reich an Kontrasten ist und sich ständig weiterentwickelt». Seine Produkte verkauft der Betrieb hauptsächlich über die Genossenschaft TIOR, teilweise jedoch auch über den kleinen Hofladen, der das ganze Jahr hindurch am Morgen und donnerstags und freitags jeweils auch am Nachmittag geöffnet ist. Auf dem Betrieb mit 17 Hektaren arbeiten rund dreissig Personen.

Insekten bei der Arbeit

In der Landwirtschaft sind Insekten als Bestäuber der Pflanzen unverzichtbar. Unter den unzähligen Insektenarten gibt es diverse nützliche Arten, die Pflanzen auf natürliche Weise vor Parasiten schützen.

Die Launen des Wetters

Wir gehen zurück ins Gewächshaus, wo sich das Klima – zumindest teilweise – durch Technologie regulieren lässt. «Scheint die Sonne, erwärmt sich das Glasgewächshaus sofort», erklärt Roberto Mozzini. «Ist es kalt draussen, lassen wir Warmwasser durch die Röhren zirkulieren. Zu Beginn der Saison werden die unteren Röhren zum Heizen genutzt, die auch als Schienen für die Arbeitskarren dienen. Später wird das Warmwasser über die höher liegenden Röhren geleitet, die sich auf Höhe der Früchte befinden, um die Reifung zu unterstützen.» Ein weiterer Vorteil des Hors-sol-Anbaus liegt gemäss dem Gemüsebauer darin, dass die Pflanzen hängen und die Blätter den Boden nicht berühren. «So kann die Luft besser zirkulieren und die Pflanzen sammeln keine Feuchtigkeit an.» Dadurch kann Pilzbefall vorgebeugt werden. Allerdings sind auch die Kulturen im Gewächshaus nicht ganz gefeit vor den Launen des Wetters. «Letztes Jahr war der Himmel häufig bedeckt und es regnete viel. Dadurch ernteten wir weniger Tomaten. Das grösste Problem entstand uns aber draussen auf den Feldern. Hier wuchsen die Pflanzen nicht und wir konnten nur wenig ernten», erzählt Roberto Mozzini. Dann, im Juli 2024, zog ein heftiger Hagelsturm über die Magadino-Ebene. «Im Gewächshaus zerbrachen einige Fenster. Aber der grosse Schaden entstand draussen. Die Tunnel waren komplett zerstört. In ihrem Innern war mehr Wasser als draussen. So etwas habe ich in 40 Jahren nicht gesehen.»

Kulturen im Gewächshaus.

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