
Ein autonomer Roboter für die Feldarbeit
Beat Mathys scheut sich nicht, bei aktuellen Herausforderungen in der Landwirtschaft innovative Techniken zu nutzen. Der ehemalige Lieferfahrer leitet einen vielseitigen Betrieb in Cressier FR und ist der Erste in der Schweiz, der für die Feldarbeit auf einen autonomen Roboter setzt. Dies steigert die Effizienz – und bringt ihm Verbesserungen in seinem Alltag als Landwirt.
Beat Mathys sitzt mit einer Tasse Kaffee am Küchentisch und schaut auf sein Smartphone. Mittels einer App verfolgt er in Echtzeit, wie ein Feldroboter auf einem seiner Felder im freiburgischen Cressier autonom Weizen aussät. 2023 hat sich der Landwirt als Erster in der Schweiz den AgBot T2 angeschafft. Die Maschine mit Raupenlaufwerk des holländischen Herstellers AgXeed ersetzt Traktor und Fahrer zugleich. Selbstständig zieht das panzerähnliche Fahrzeug auf den Feldern seine Bahnen – und bringt nicht selten die Spaziergänger zum Staunen. Der AgBot kann selbst nachts oder bei schlechtem Wetter arbeiten und ermöglicht so konstant eine hohe Leistung. Mit seinem geringeren Gewicht als ein herkömmlicher Traktor schont er zudem die Böden.

Vom Chauffeur zum Landwirt
Beat Mathys war nicht schon immer Landwirt. Er arbeitete zunächst als Lieferfahrer, bis er 1995 mit seinem Vater die Leitung des Familienbetriebs übernahm. «Ich wollte unabhängig sein, hatte Lust auf eine Veränderung, auf Weiterentwicklung. Deshalb bin ich in die Landwirtschaft zurückgekehrt», erzählt er. Er absolvierte die landwirtschaftliche Berufsschule in Grangeneuve, die er mit der Meisterprüfung abschloss. Seit 2002 führt er den Betrieb unter seinem Namen. Mittlerweile bewirtschaftet Mathys hier 87 Hektaren. 13 waren es gewesen, als sein Vater den Hof in den 80er-Jahren kaufte, nachdem dieser einen Bauernhof in Granges-Paccot betrieben hatte. Wer dereinst die Nachfolge übernehmen soll, ist noch offen. Die 15-jährige Julia geht noch zur Schule, und der fünf Jahre ältere Dominik träumt davon, nach der Matura und einem Jahr Zivildienst bei Skyguide als Fluglotse zu arbeiten. «Hauptsache, sie machen etwas, das ihnen Freude bereitet», so Mathys.
Breites Einsatzspektrum
Leidenschaft und Neugier treiben Mathys an – genauso wie neue Herausforderungen. Auf diese Weise ist er vor etwas mehr als einem Jahr auch zu seinem Feldroboter gekommen. «Ich entdeckte ihn bei einer Vorführung, und mein Interesse war sofort geweckt. Zu diesem Zeitpunkt spielte ich mit dem Gedanken, einen neuen Traktor zu kaufen, aber wegen einer Augenerkrankung darf ich ein solches Fahrzeug nicht mehr lenken. So war dies eine ideale Lösung.» Aussaat, Stoppelbearbeitung oder Bodenbearbeitung: Die Maschine kann fast überall eingesetzt werden. Die einzige Ausnahme bildet zurzeit das Pflügen. «Aber auch das ist in Arbeit», weiss der Landwirt aus Cressier. Nun kann er repetitive Tätigkeiten und solche mit geringer Wertschöpfung dem Roboter übergeben und die gewonnene Zeit für strategisch wichtigere Aufgaben einsetzen. Bevor der AgBot in Aktion tritt, führt Mathys eine systematische Inspektion seiner Felder durch.


Der Feldroboter in Aktion
Dabei muss zuerst das Gelände mit einem Vermessungsstab vermessen werden, um die virtuelle Begrenzung festzulegen – wie bei einem Mähroboter. Anschliessend werden die Daten und verschiedene Kennzahlen an ein Programm übermittelt: die Art der Tätigkeit, der genaue Standort, wo der Roboter seine Arbeit beginnen und wieder aufhören soll sowie das Fortbewegungstempo. «Wenn alles geplant ist, kann ich auf dem Smartphone jede Bewegung des Roboters genau mitverfolgen», so Mathys. Es ist aber auch möglich, den Roboter vor Ort manuell mit einer Fernbedienung im Stil eines PlayStation-Controllers zu aktivieren. Wie sieht es mit Fehlfunktionen aus? Mathys hat ein paar erlebt, etwa wenn die Sensoren auf benachbarte Maisfelder reagierten oder die Sicherheitsvorrichtungen die Maschine irrtümlicherweise stoppten. «Doch das hat sich mittlerweile geregelt», sagt er lächelnd.
Kompaktes Leichtgewicht
Das Leergewicht des AgBots (3.85 x 3.00 x 1.5 m) beträgt mit Raupenlaufwerk 8 Tonnen. Sein Bodendruck von 250 g/cm2 fällt geringer aus als der eines durchschnittlich grossen Menschen. Er erreicht ein Tempo von bis zu 13,5 km/h und ist mit Sensoren zur Hinderniserkennung ausgestattet.
Auf Gemüse setzen
Ein grosser Teil seiner 87 Hektaren wird als Weideland für seine Milchkühe und für die Futtermittelproduktion genutzt. Ackerkulturen wie Mahlweizen, Futtergerste und Raps beanspruchen eine Fläche von 20 Hektaren, auf weiteren 30 Hektaren wachsen Kartoffeln. Seit letztem Jahr ist nun auch der Gemüseanbau dazugekommen: Gemeinsam mit einem Kollegen baut Mathys auf je 3 Hektaren Spinat und Zwiebeln an. «Wir setzen bewusst auf Diversifizierung, denn heutzutage verdient man fast nichts mehr mit dem, was der Mähdrescher erntet», stellt er fest. Auch die Ertragslage der Landwirtschaft ist schwierig. So gibt es immer weniger Möglichkeiten, die Kulturen wirksam zu schützen, wie sich das kürzlich bei der Ausbreitung der Krautfäule gezeigt hat.


Hightech im Kuhstall
Die Milchkühe spielen auf dem Betrieb von Beat Mathys eine wichtige Rolle. Neben den 60 Kühen hält er auch rund vierzig Kälber und Rinder. «Meine Milch liefere ich an die Dorfkäserei für die Herstellung des Mont Vully, ein Halbhartkäse aus Cressier», erzählt er. Bis im letzten Jahr belief sich die Produktion auf 400 000 Kilo pro Jahr, eine Zahl, die in den nächsten Jahren auf 550 000 ansteigen wird – dies mit der gleichen Anzahl Tiere. Möglich ist diese Steigerung dank der Einführung neuer Technologien auf dem Betrieb, aber auch, weil die Kühe heute von besseren Lebensbedingungen profitieren. Während sie früher in Anbindeställen lebten, wachsen sie nun in einem hochmodernen Laufstall auf. Dies bedeutet etwa automatisches Melken mit integrierter Zitzendesinfektion zur Vorbeugung von Mastitis, Fütterung mit einem schienengeführten Fütterungsroboter, präzise Trächtigkeitskontrollen oder der Einsatz von Bodenreinigungsrobotern.
Kontrolle aus der Ferne
Kann Beat Mathys seine Arbeit nun bequem vom Wohnzimmer aus erledigen? «Fast», lächelt er. Tatsächlich hat die Automatisierung die Lebensqualität auf dem Hof erheblich verbessert. «Früher begann mein Arbeitstag um 5 Uhr morgens, heute fange ich um 6 Uhr an und meine Angestellten um 7.30 Uhr», so Mathys. Auch freie Abende und Wochenenden sind nun für alle im Betrieb möglich – keine Selbstverständlichkeit in diesem Beruf. Mathys selbst war vor Kurzem in Ägypten in den Ferien und konnte sich mit seinem Smartphone stets vergewissern, dass im Stall alles gut lief. Während der Einsatz von Robotern zwar den Bedarf an Arbeitskräften verringert und hilft, Engpässe bei der Personalrekrutierung zu überwinden, braucht es dennoch nach wie vor auch den Menschen. So arbeitet Beat Mathys immer mit einem Festangestellten und einem Lehrling zusammen; für die Kartoffelernte stellt er zusätzlich sieben Saisonniers ein.
