Familie Deschwanden

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Hier reift Wein mit Aussicht

Ein Ehepaar verwirklichte sich seinen Traum, selber angebauten Wein zu trinken. Der Weg dazu war lang und mit Schweiss und Kosten verbunden. Es hat sich in jeder Hinsicht gelohnt.

Im frühen Herbst, wenn die Trauben zu reifen beginnen, steht der „Knackarsch-Event“ an, wie Heidi Deschwanden vom „Weinbau Sonnenrain“ lachend schildert. Sie erklärt, über das ganze Gesicht lachend: „Das ist der Tag, an dem die Schutznetze zur Abwehr von Vögeln, Wespen, Kirschessigfliegen und Baumwanzen in der Traubenzone der Rebstöcke ausgerollt werden.“ Dazu muss man wissen, dass die Netzrollen erst den steilen Hang hinauf gerollt werden müssen, daher kam während dieser Arbeit die Idee auf, dieses Ereignis „Knackarsch-Event“ zu taufen. Wenn die Netze ausgerollt sind, folgt das Einpacken der „Traubenzone“, das bedeutet, dass über 15‘000 Klammern oben- und unterhalb der Netzkanten von Hand zu verschliessen sind.

So begann alles

An schönster Südlage am Vierwaldstättersee, auf der Halbinsel zwischen Horw und der Stadt Luzern, wohnen Heidi und Walter Deschwanden. Und hier träumten sie, den eigenen Wein zu ziehen und zu trinken. Das war die Idee zum „Weinbau Sonnenrain“. Auf dem sechs Hektaren kleinen Bauernhof Niederrüti hielten die Eltern von Walter bis 1959 „ein paar Kühe“, erzählt er vor dem Bauernhaus auf der Terrasse mit herrlicher Sicht auf den See. Später war das Landwirtschaftsland verpachtet. Vor knapp 30 Jahren zügelte das damals junge Ehepaar mit ihren Kindern ins Bauernhaus. Weil die steilen Wiesen zum Hof süd- und südwestlich geneigt sind, reifte bei Deschwandens die Idee, die Hänge mit Reben zu bepflanzen. Plangemäss nahm das Projekt Gestalt an, Heidi erinnert sich: „Am Anfang pflanzten wir gemeinsam mit über 50 begeisterten Wein-Liebhabern von Hand 5200 Rebstöcke auf 104 Aren.“ Walter betont: „So ein Projekt gelingt nur, wenn man sich gegenseitig unterstützt.“

Das Projekt ist ein Erfolg

Der nahe See garantiert dem „Weinbau Sonnenrain“ ein mildes Seeklima und der Berg Pilatus bestimmt wie seit jeher das Wetter. Heute können beide das Fazit ziehen: Das Projekt „Weinbau Sonnenrain“ ist gelungen. Im Frühling 2021 lud das Ehepaar zu „10 Jahre Weinbau Sonnenrain“ ein und alle feierten mit: Die freiwilligen Helferinnen und Helfer, Bekannte und Verwandte sowie die 100 Rebstock-Gotten und Göttis. „Wir beide waren immer gut verankert in der Gemeinde Horw“, betont Heidi Deschwanden. Aber die Leute feierten nicht nur, sie kauften auch fleissig Wein, sodass aktuell der Roséwein „Tenera“ vom Jahrgang 2020 und der Barrique Rotwein „Tempus Cura“ vom Jahrgang 2017 ausverkauft sind.

Nur zwei Traubensorten

Deschwandens pflanzten je zur Hälfte eine weisse Traubensorte (Riesling – Silvaner) und eine rote (Gamaret), letzterer ist eine Kreuzung aus den alten Schweizer Sorten Gamay und Reichensteiner. Ein Grund, die Sorte Gamaret zu wählen, war ihre natürliche Widerstandsfähigkeit gegen die Krankheit „Falscher Mehltau“. „bisher war das auch meistens so, nur im regenreichen Sommer 2021 wurde auch der Gamaret vom Mehltau nicht verschont“ erzählt Walter. Beide Traubensorten werden im eigenen Weinkeller mit Unterstützung eines Weintechnologen gepresst und in Tanks oder Fässern gelagert. „Die Qualitätsansprüche an Wein sind hoch, das Resultat muss stimmen“, begründet Walter den Zuzug des Weintechnologen. Für das Ehepaar war immer klar, dass die eigenen Trauben auch im eigenen Keller zu Wein reifen, „die Trauben wegzugeben nach den vielen Arbeitstagen im Rebberg, würde nicht zu unserer Philosophie passen; von der Natur bis zum Produkt sorgfältig gepflegt und verarbeitet“, schildert Heidi die Emotionen, die sie für ihren Wein empfindet.

Bester Zentralschweizer Schaumwein

Nach 10 Jahren viel Schweiss und hohen Investitionen seien sie „auf Kurs und unsere Produkte verkaufen sich gut“, betont Heidi. Den Beweis dafür liefert ihr Schaumwein „Acupati“ aus Riesling-Silvaner-Trauben, welcher 2020 zum „Besten Zentralschweizer Schaumwein 2019“ ausgezeichnet wurde, er landete mit 88 Punkten im schweizweiten Vergleich auf dem 10. Platz. Der Rosé „Tenera“ aus Gamaret-Trauben, Jahrgang 2020, erreichte mit 89 Punkten schweizweit den sechsten Platz. „Das war eine schöne Bestätigung, denn damit wurde unsere Arbeit von neutraler Stelle ausgezeichnet und als gut befunden“, freut sich die Bäuerin mit Winzerkurs. Beide Traubensorten werden zu sortenreinen Weinen gekeltert. „Gamaret braucht Zeit bis er gereift ist und einen gehaltvollen Wein hervorbringt“, weiss Walter. Ein Rebstock sollte mindestens sechs bis acht Jahre alt sein, bis ein Wein mit einem runden, harmonischen Gaumenerlebnis entstehen kann. „Somit kommt der Gamaret mit Jahrgang 2017 bei der Kundschaft sehr gut an“, erzählt Heidi. Der sortenreine Gamaret Barrique gärt in der Holzstande, lagert dann 24 Monate im Barrique-Eichenfass und noch ein halbes Jahr in der Flasche. Das Ergebnis ist ein intensiver Rotwein mit glänzendem Rubinrot, mit dezentem Bouquet von schwarzen Beeren, Cassis und Schokolade, mit feinen Pfeffer- und Röstaromen und delikaten Edelholznoten vom Barrique. Kurz und gut, der Gamaret ist ein harmonisches Gaumenerlebnis!

Auch die Paten machen Werbung

Deschwandens haben ein grosses soziales Umfeld und hatten seit jeher gerne Kontakt mit vielen Menschen in ihrer Gemeinde und darüber hinaus. Das war ein grosser Vorteil beim Aufbau des Rebbergs Sonnenrain und ein paar Mal im Jahr, wenn Handarbeiten im Rebberg zu erledigen sind. Wenn der Leset der weissen und der roten Trauben ansteht, ruft Heidi die vielen bewährten Helferinnen und Helfer in den Rebberg Sonnenrain. Und es kommen alle, und zwar gerne. „Unsere Leute werden an diesen Tagen gut mit Essen und Getränken versorgt und am Abend erhalten sie zum Dank eine Flasche Wein“, erzählt Heidi. Der Traubenleset sei beliebt wegen der Arbeit in der Natur und wegen dem fröhlichen Zusammensein nach der Arbeit. „Jeder Helfer wirbt in seinem Bekanntenkreis für unseren Wein“, erwähnt Heidi. Dazu macht sie für interessierte Gäste, Vereine und Firmen bis zu 20 Führungen pro Jahr, wo sie über den Verlauf von der Traube im Rebberg, der Kelterung im hofeigenen Weinkeller bis zum Wein in der Flasche berichtet.

Viel Schweiss im Rebberg

Ein Rebberg, und besonders an Steillagen, gibt viel Arbeit. Anfangs Jahr erfolgt der Winterschnitt, im Frühjahr werden die neuen Triebe nach und nach zwischen die Drähte eingeschlauft, ab dem Frühsommer ist die Laubarbeit zu erledigen. Dabei werden die überschüssigen „Geiztriebe“ am Rebstock weggebrochen, überschüssiges Laub wird entfernt und zu lange Triebe zurückgeschnitten. Zwischen den Rebreihen wird das Gras gemulcht und die Reben werden in regelmässigen Abständen mit Pflanzenschutzmitteln behandelt. Mit dem Anbringen der Seitennetze, der Traubenlese und anschliessendem Versorgen der Netze wird es Herbst im Rebberg. „Rund 50 Mal steigen wir jährlich die 100 Reihen hinauf und hinunter“, erzählt Heidi. Aber die Freude „am schönsten Arbeitsplatz des Vierwaldstättersees“ entschädige sie für die Schweisstropfen. Sie beobachte an schönen Frühlingsmorgen, wie sich Rehe aus dem nahen Wald an den jungen Blättern satt fressen und im Herbst, wie Dachse sich an den süssen Trauben bedienten. „Auch ihnen gönnen wir ihren Anteil“, lautet ihre Philosophie. Deschwandens haben es auf ihrem 10-jährigen Weg geschafft, mit Begeisterung und viel Schweiss hochstehende Weine zu produzieren, die von den Kunden gerne gekauft werden. Heute sind sie stolz am Erfolg und glücklich über die Perspektive, dass beide Söhne das Projekt auch in Zukunft weiterverfolgen wollen.

Übersicht der Arbeiten

Von der Rebe im Weinberg bis zu einem guten Wein ist es ein langer Weg. Die eigentliche Arbeit leistet die Natur mit Unterstützung des Winzers. Eine kurze Übersicht der Arbeiten während des Jahres in einem Weinberg.

MonatArbeiten im WeinbergBemerkungen
Januar und FebruarDer Rebschnitt einer der wichtigsten Arbeiten des Winzers, um ein Gleichgewicht zwischen Wachstum, Ertrag und Reife zu erzielen. Die Rebe ist eine wildwachsende Schling- oder Kletterpflanze, mit langen Trieben, die dem Licht entgegenwächst. Durch den Rebschnitt bringt der Winzer die wilde Form in einen kultivierten Rahmen.Ungeschnittene Rebstöcke wachsen unkontrolliert, verwildern und bringen kleine Trauben mit geringer Qualität hervor. Durch den Rebschnitt wird eine hohe Qualität der Trauben erreicht.
MärzMeistens im März beginnen die Reben zu „bluten“, das heisst, an den Schnittstellen tritt Saft aus. Das ist ein Zeichen, dass die Rebe aus dem Winterschlaf erwacht. Jetzt startet das Biegen und Binden der Reben. Die Fruchtruten werden gebogen und an den gespannten Draht befestigt.Durch das Biegen und Binden wird eine gleichmäßige Verteilung der Triebe erreicht.
AprilIm April sollte die Bodenbearbeitung erfolgen, da die Reben am besten in einem lockeren, gut durchlüfteten, humus- und nährstoffreichen Boden wachsen. Der Boden wird Mineral- und Nährstoffen gedüngt.Nun muss die Natur ihr Ding tun, das heisst es braucht Sonne und Regen stets zur rechten Zeit.
MaiDer Austrieb der Reben ist deutlich zu erkennen. Schon früh sieht man die sogenannten Gescheine, aus denen später die Trauben werden. Diese jungen Triebe sind sehr anfällig gegen Pilzkrankheiten. Der Winzer muss zum rechten Zeitpunkt eingreifen, um die Reben mit einem Pflanzenschutzmantel zu schützen.Je nach Witterung müssen die Schutzspritzungen mehrmals durchgeführt werden.
JuniJetzt ist es Zeit, die Geiztriebe auszubrechen, das sind überflüssige Triebe am Fuss des Rebstocks.

Ende Juni beginnen die Reben zu blühen, sie brauchen ihre Ruhe. Das Beste ist jetzt trockenes, sonniges Wetter. So verläuft auch die Selbstbefruchtung der Reben gut.

Je nach Wetter muss der Winzer darauf achten, dass sich keine Pilzkrankheiten am Rebstock entwickeln.
JuliJetzt, nach der Blüte, wird mit Laubarbeiten begonnen. Dabei werden Blätter entfernt, um die Durchlüftung der Reben zu fördern. Eine teilweise Entblätterung hilft unter anderem, die Beeren gegen Sonnenbrand abzuhärten. Triebe werden festgebunden, um sie vor Windbruch zu schützen. Die obersten Triebspitzen werden entfernt. Die Kraft der Reben verteilt sich so auf die unteren Triebe und die Beeren.Mit diesen Arbeiten wird einem schädlichen Pilzbefall vorgebeugt. Wenn der Rebstock gut durchlüftet ist, können keine oder selten Pilzkrankheiten ausbrechen.
AugustJetzt beginnt die Reifephase der Trauben. Zu späte Gescheine (aus denen sich die Trauben bilden), müssen entfernt werden. Weiterhin muss die Winzerin auf Pilzinfektionen achten, um notfalls mit Pflanzenschutz ein Ausbruch von Pilzkrankheiten zu stoppen.Von nun an beeinflusst die Witterung im verstärkten Maße die Entwicklung der Trauben, die Qualität und den Zuckergehalt in den Trauben.
SeptemberLangsam beginnen die Trauben „weicher“ zu werden; Zucker und Aromastoffe lagern sich in den Trauben ein.Die Witterung spielt eine große Rolle. Warme Tage und kühle Nächte sind optimal, damit sich die Aromen in der Traube entwickeln.
OktoberJetzt, oder je nach Lage oder Jahr auch schon früher, werden die Trauben gelesen. Der „Oechsle Grad“ (das heisst, der Zuckergehalt der Trauben) wird gemessen, man läuft durch den Weinberg, probiert die Trauben, hofft auf den „goldenen“ Oktober. Jeder Sonnenstrahl ist wichtig, um eine optimale Qualität der Weine zu erreichen.Sehr wichtig bei der Ernte: Faule oder unreife Trauben müssen bei der Lese konsequent entfernt werden.
November und DezemberDie Arbeit im Weinberg ruht – der Winzer wird zum Kellermeister. Es ist seine Aufgabe, den besten Wein aus den Trauben zu produzieren. Im Weinkeller gärt der Traubenmost in Fässern.Bei der Gärung wird aus dem Fruchtzucker der Trauben Alkohol und Kohlensäure gebildet.