Susanne Rohr

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Den Blick auf den Boden richten

Mein Name ist Susanne Rohr und zusammen mit meinem Partner bewirtschafte ich einen Betrieb mit Ackerbau und Mutterkühen auf dem Berner Belpberg. Vor einigen Jahren wurde uns klar, dass sich etwas verändern musste. Unsere Böden waren so verdichtet, dass wir kaum den Spaten für eine Bodenprobe reinstechen konnten. Und ausserdem roch es nach Fäulnis. Die Mikroorganismen schienen komplett aus dem Gleichgewicht geraten. 2016 stellten wir den Betrieb auf Bio um, was aber die Probleme nicht einfach löste: Wir mussten unsere Böden richtiggehend «umbauen».

Mit Präparaten brachten wir sogenannte «effektive Mikroorganismen» in den Boden. Das ist vergleichbar mit Bifidus-Joghurt essen, um die Darmflora zu verbessern. Mal mit Gülle vermischt, mal direkt mit der Feldspritze oder über die Bodenbearbeitungsmaschinen. Damit haben wir gute Erfahrungen gemacht: Nach zwei Jahren merkten wir, dass der Boden langsam lockerer und krümeliger wurde.

Regenerative Landwirtschaft

Effektive Mikroorganismen sind eine der Methoden der sogenannten «regenerativen Landwirtschaft». Dieses Konzept aus Amerika kam in den 1990er Jahre nach Europa. Im Zentrum steht die Erkenntnis, dass ein gesunder Boden zentral für gute Erträge ist. Weitere Bausteine der regenerativen Landwirtschaft sind:

  • Der Boden soll ständig bedeckt sein, also mit einer Kultur (Kartoffeln, Raps, Weizen usw.) oder mit einer zur Überbrückung angesäten Zwischenkultur.
  • Ernterückstände (Maisstoppeln, Getreidestroh, Rapsstroh, Kraut usw.) soll auf den Feldern zurückbleiben.
  • Mist, Gülle und Kompost bringen organische Substanz in den Boden.
  • Belebte Wurzeln und deren Wurzelausscheidungen festigen den Boden und verbessern dessen Struktur. Wichtig sind zum Beispiel auch Pflanzen, die über mehrere Jahre stehenbleiben – zum Beispiel als Biodiversitätselemente oder als Obstbäume entlang von Ackerflächen.
  • Sehr wichtig ist, den Boden nicht durch zu schwere Maschinen oder das Befahren bei zu viel Nässe zu verdichten.

Das besondere Potenzial der regenerativen Landwirtschaft ist, dass sie allen offen steht: egal ob sie biologisch oder konventionell wirtschaften. Auch in privaten Hausgärten kann man damit die Bodenqualität und die Widerstandskraft der Pflanzen verbessern. Ein gesunder Boden führt zu starken Pflanzen, die sich besser gegen Krankheiten und Schädlinge wehren können.

Mit bedecktem Boden gegen Erosion

Ein wichtiger Aspekt ist ein ständig bedeckter Boden. Pflanzen beschatten den Boden und verlangsamen damit das Austrocknen, ihre Wurzeln festigen die Bodenstruktur und verhindern, dass Wind und Regen Nährstoffe und Humus auswaschen. Deshalb säen wir sofort nach der Ernte eine Zwischenkultur an. Auch wenn es nur wenige Wochen bis zur Ansaat der nächsten Kultur dauert . Wir achten darauf, dass  Ernterückstände möglichst auf dem Feld verbleiben – auch sie dienen der Bodenbedeckung und bringen ausserdem organische Substanz zurück in den Boden. Nur beim Getreide lassen wir das Stroh nicht auf dem Feld zurück, wie es die regenerative Landwirtschaft eigentlich vorsehen würde. Denn wir benötigen es als Einstreu für die Tiere.

Verdichtung

Weil unser Boden verdichtet und damit stark zusammengepresst war, mussten wir ihn auflockern. Wir schafften also einen sogenannten Tiefenlockerer an. Mit dieser Maschine können wir sehr tiefe Schlitze in den Boden ziehen, der dadurch zusätzlich noch feine Seitenrisse bekommt. Gleichzeitig spritzen wir eine Mischung aus effektiven Mikroorganismen und Kräutern in den Boden. Die Mikroorganismen können so auch in den feinsten Winkeln des Bodens ihre Wirkung entfalten. Die jungen Wurzeln sind ‘hungrig’ auf das Milieu des aktiv erschlossenen Unterbodens mit Luft, Bakterien, Enzymen und Pilzkulturen. Eine solche Tiefenlockerung haben wir mehrmals durchgeführt.

Untersaaten

Bei einer Untersaat geht es darum, zum Beispiel ins Getreide eine Grasmischung einzusäen. Während das Getreide wächst, soll sich das Gras etablieren, aber niedrig bleiben. Nach der Ernte des Getreides profitiert es vom vollen Licht, den Nährstoffen und vom Wasser. Man kann das Gras mähen und verfüttern. Leider habe das bei uns nicht so gut funktioniert. Wir säten die Grasmischung im Frühling, um dem Getreide, das schon im Herbst vorher gesät wurde, genügend Vorlauf zu geben. Allerdings war es dann im Frühling so trocknen, dass die Samen vertrocknet sind. Hier sind wir noch dabei, den richtigen Weg zu finden.

Klein anfangen

Bei der regenerativen Landwirtschaft kann man klein anfangen. Mal eine Massnahme ausprobieren und schauen, ob sie zum Betrieb passt. Wenn es klappt, kann man sie auf andere Flächen ausweiten oder ein weiteres Element dazunehmen. Denn natürlich ist es auch ein Kostenpunkt: Die Kurse, die Präparate, meist auch neue Maschinen. Das Ausleihen von einem anderen Betrieb ist aktuell noch schwierig, weil die Methoden noch nicht so verbreitet sind.

Gut Boden will Weile haben

Grundsätzlich gilt: Böden sind über Jahrtausende gewachsene Systeme und lassen sich nicht über Nacht verbessern. Wer aber dranbleibt und sich von Rückschlägen nicht entmutigen lässt, wird mit starken Pflanzen und guten Erträgen belohnt – das gilt im Garten wie in der Landwirtschaft.

Tipps für den Garten

  • Boden immer bedeckt lassen: Säe zum Beispiel Pflanzen mit unterschiedlichen Erntezeitpunkten nebeneinander, lasse Ernterückstände liegen oder bedecke den Boden während des Winters mit Tannenzweigen.
  • Spezielle Saatmischungen können helfen, mit starken tiefen Wurzeln Verdichtungen aufzulösen.
  • Der Einsatz von effektiven Mikroorganismen ist auch im Hausgarten möglich.
  • Bringe regelmässig Mist oder Kompost in den Boden – zum Beispiel zu Vegetationsbeginn im Frühling.
  • Bei sehr schweren Böden (hoher Tonanteil) kann die Beimischung von Sand helfen.

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