Hopfen & Braugerste

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Bierland Schweiz

«Da ist Hopfen und Malz verloren» sagt man, wenn alles aus ist, auch wenn man vollen Einsatz gegeben hat. Aus Hopfen und Malz entsteht mit Wasser Bier – und wenn bei diesem Prozess etwas schiefläuft, sind eben die Zutaten verloren. Doch was sind Hopfen und Malz?

Hopfen

Hopfen bringt das typische Aroma und die Bitterkeit ins Bier – ist also das eigentliche «Biergewürz». Die Kletterpflanze stammt aus der Familie der Hanfgewächse. Für die Bierherstellung benötigt man unbefruchtete weibliche Blütenstände («Dolden» genannt). Die Befruchtung durch den männlichen Pollen senkt den Ertrag, verkürzt das Zeitfenster für die Ernte, weil überreife befruchtete Dolden unangenehm schmecken und erschwert das Verarbeiten in der Brauerei. Da es beim Hopfen weibliche und männliche Pflanzen gibt, ist die Befruchtung allerdings einfach zu vermeiden: Man setzt einfach nur weibliche Pflanzen.

Hopfen hat neben der Eigenschaft als «Biergewürz» weitere Verwendungsmöglichkeiten: Junge Hopfensprösslinge schmecken ähnlich wie Spargel und können ebenso zubereitet werden. Hopfenextrakte, oft in Verbindung mit Baldrian, kann man als leichte Einschlaf- und Beruhigungsmittel einsetzen.

Bis zu vier Gramm Hopfen benötigt man für einen Liter Bier

Braugerste

Braugerste macht durch die Verwandlung in Malz den Brauprozess erst möglich. Braugersten-Sorten sind speziell auf die Bedürfnisse der Bierherstellung gezüchtet. Sie sollen zum Beispiel wenig Eiweiss enthalten und gute Keimeigenschaften haben.

Nach der Ernte werden die Braugersten-Körner vermälzt. Dabei lässt man die Körner kurz keimen (deshalb ist wichtig, dass möglichst alle Körner keimen und zwar schnell) und trocknet sie dann wieder. Bei diesem Vorgang bilden sich Enzyme im Getreide, die für das Brauen von Bier notwendig sind.

Malz kann man aus allen Getreide- und Pseudogetreidearten (z. B. Amaranth, Quinoa usw.) herstellen.

Lange musste Schweizer Braugerste ins Ausland transportiert werden für das Mälzen. Hauptsächlich wurde aber gleich ausländisches Malz importiert. Mittlerweile gibt es im Aargau eine erste grosse Schweizer Mälzerei.

Fun facts Hopfen

Hopfendolden können die Luftfeuchtigkeit regulieren, deshalb wurden sie früher in Bibliotheken hinter den Büchern ausgelegt. Ausserdem sollen ihre ätherischen Öle Insekten fernhalten. Alle paar Jahre muss man die Dolden auswechseln.

Am meisten Hopfen wird in den USA, in Deutschland und in Äthiopien angebaut. In Europa steht Deutschland an der Spitze, darauf folgen mit grossem Abstand Tschechien und Polen.

Bier herstellen

  1. Malz schroten («zerhacken») und mit Wasser vermischen. Das Gemisch nennt man «Maische».
  2. Langsam erhitzen: Dadurch baut sich die Stärke aus dem Getreide zu Malzzucker ab.
  3. Flüssigkeit und Malzreste trennen – die Reste nennt man «Treber», man kann sie an Tiere verfüttern oder zum Brotbacken verwenden
  4. Zu der Flüssigkeit (sogenannte «Bierwürze») Hopfen hinzugeben und alles aufkochen. Dadurch lösen sich Aroma- und Bitterstoffe.
  5. Flüssigkeit auf die zum Gären benötigte Temperatur abkühlen.
  6. Hefe hinzufügen. Diese wandelt den Malzzucker zu Alkohol, Kohlensäure und Aromastoffen um. Ungefähr eine Woche gärt das Gemisch – dabei entsteht sehr viel Schaum («Kräusen» genannt).
  7. Bei niedriger Temperatur gärt das Bier leicht weiter, reift und klärt sich – noch gelöste Feststoffe senken sich ab.
  8. Vor dem Abfüllen wird filtriert – dann ist das Bier klar. Wird nicht filtriert, ist es «naturbelassen» und leicht trüb.

Hopfen und Malz, Gott erhalts!

Bier war im Mittelalter in vielen Ländern das tägliche Getränk der meisten Menschen. Es enthält Kalorien und diente so der Ernährung ärmerer Bevölkerungsschichten. Ausserdem wurde es bei der Herstellung aufgekocht und allfällige Krankheitserreger im Wasser starben ab. Dennoch scheint es eine Menge Probleme gegeben zu haben. Bisweilen war das Gebräu giftig, nicht zuletzt aufgrund der Beigabe von Baumrinde oder Pflanzen wie Tollkirschen. Stiegen die Preise für die Zutaten versuchten Brauereien, den Verdienst durch Panschen hochzuhalten. Deshalb verabschiedeten viele Regionen sogenannte «Reinheitsgebote»: Bier soll nur Hopfen, Malz und Wasser enthalten.

Der Spruch «Hopfen und Malz, Gott erhalts!» soll sich auf den Geschmack von Bier beziehen. Offenbar war es schwierig, wohlschmeckendes Bier herzustellen. Die Aufgabe von Hefe im Gärprozess war noch unbekannt – man habe aber beobachten können, dass Biere aus Brauereien, die neben Bäckereien lagen, schmackhaft waren. Offenbar sind Hefeorganismen durch die Luft in den Braukessel gelangt.

Schweizer Bier

In der Schweiz hingegen spielte Bier für die Bevölkerung eine untergeordnete Rolle. Anstösse für das Brauen sollen z. B. von deutschen Fuhrknechten gekommen sein, die hier ihr liebstes Getränk vermissten. Bei uns war eher saurer Most (gegärter Apfelsaft) verbreitet. Äpfel gab es zur Genüge – Getreide hingegen war eher knapp und musste die Bevölkerung ernähren. Ausserdem verbreitete sich ab dem 11. Jahrhundert der Weinanbau in der Schweiz.

Mitte des 19. Jahrhunderts konnte das Bier dann auch in der Schweiz Fuss fassen. Dafür kamen verschiedene Tatsachen zusammen: Man hatte den Brauprozess chemisch verstanden (insbesondere die Rolle der Hefe) und konnte das Getränk in grossen Mengen produzieren. Der Ausbau der Eisenbahn erleichterte die Beschaffung der Rohstoffe und dank der Entwicklung von Kühlschränken konnte man Bier nun auch im Sommer trinken. Ausserdem kamen Glasflaschen auf, dank derer man Bier überallhin mitnehmen konnte.

1927 gab es 64 Brauereien. Lange schwankte die Zahl in dem Bereich und sank in den 1970er und 1980er Jahren auf einen Tiefstand von 32 (1992). Seit den 2000er Jahren kamen jährlich etliche neue Brauereien dazu, so dass die Schweiz im Jahr 2020 stolze 1212 Brauereien verzeichnen durfte. Allerdings sind 95 Prozent davon Kleinbetriebe, die weniger als 1000 Hektoliter (100’000 Liter) jährlich produzieren.

Am meisten Brauereien standen 2022 in den Kantonen Bern (210), Zürich (164), Aargau (112) und Waadt (109) (Quelle: Schweizer Brauereiverband). Die Schweiz hat mit Abstand die höchste Brauereidichte Europas – pro Million Einwohnende sind es nämlich 146 Brauereien (im Jahr 2021). Darauf folgen Tschechien (57 Brauereien pro Million Einwohnende) und die Niederlande (52 Brauereien pro Million Einwohnende).

Bierkonsum in der Schweiz

Heute ist Bier mit Abstand das am meisten getrunkene alkoholische Getränk in der Schweiz. 55 Liter trinkt jede Person im Durchschnitt pro Jahr.

Auch der Konsum alkoholfreien Biers nimmt zu: Lag der Anteil am Gesamtmarkt 2010 noch bei 2.3%, macht er 2022 bereits 5.7% aus.

Dafür, dass die Schweizer Bevölkerung so viel Bier trinkt, hinken wir mit der Produktion der Rohstoffe deutlich hinterher. Rund 20 ha Hopfen und ca. 300 ha Braugerste werden hierzulande angebaut. Das entspricht 10 Prozent des verarbeiteten Hopfens und 1 Prozent der Braugerste. Immerhin stammen Wasser (höchster Gewichtsanteil am Endgetränk) und die Hefe vollständig aus der Schweiz.

(Quelle: Schweizer Brauereiverband)

 

Es Herrgöttli, e Stange, e Haube

Während die «Stange» für ein 3-dl-Glas in der gesamten Deutschschweiz bekannt sein dürfte, sind andere Masse und Bezeichnungen nur regional vertreten.

1 dl: Pfeff (Luzern)

2 dl: Tulpe (Basel), Herrgöttli (Bern)

3 dl: Rugeli (Luzern, im Glas mit Henkel), Becher (Solothurn, Aarau, Fribourg), Stange (gesamte Deutschschweiz)

5 dl: Humpen (Luzern, im Glas mit Henkel), ein Normales (Wallis), ein Grosses (Zürich), Chübu (Bern, Graubünden), e Haube (gesamte Deutschschweiz)

1l: Stifu (Bern, Glas mit Stiefel-Form)

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